Sir András Schiff und das Chamber Orchestra of Europe
Queen Elisabeth II hat den Pianisten András Schiff nicht umsonst in den Ritterstand erhoben. Sir András ist streitbar: Er protestierte gegen das restriktive Mediengesetz und antisemitische Hetze in seinem Herkunftsland Ungarn ebenso wie gegen die Regierungsbeteiligung der FPÖ in Österreich. Vor allem aber streitet er für die stimmige Interpretation großer Musik und gilt als unbestrittene Autorität für die Werke europäischer Meister. Das Leben sei zu kurz für zweitklassige Musik, hat er einmal gesagt und bekannt, jeden Morgen mit einer halben Stunde Bach zu beginnen.
Entsprechend stehen auf dem Programm für seinen Auftritt in Friedrichshafen nur zwei Namen: Bach und Mozart. Auch mit seinem Partner auf der Bühne geht er keinen Kompromiss ein. Mit dem Chamber Orchestra of Europe verbindet ihn eine langjährige künstlerische Zusammenarbeit, er ist Ehrenmitglied des selbständigen und überaus renommierten Orchesters. „Es gibt gute Orchester, großartige und dann gibt es das Chamber Orchestra of Europe. Es ist ein einzigartiges Ensemble. Es gibt dort keine Routine. Die meisten Mitglieder spielen Kammermusik, wenn sie nicht im Orchester sind. Daher hören sie in einem hohen Maß aufeinander“, schreibt er über das COE.
In den Abend im GZH starten die Partner mit einer Orchestersuite voll tänzerischer Anmut, mit glanzvollen Passagen für Geige und Flöte. Johann Sebastian Bach hat sie wahrscheinlich für den Soloflötisten der Dresdner Hofkapelle komponiert und im Leipziger Kaffeehaus aufgeführt. Konzertmeisterin Lorenza Borrani und Soloflötistin Clara Andrada de la Calle übernehmen jetzt die Soloparts. Sie sind auch im fünften Brandenburgischen Konzert zu hören. Dieses ist ein heiteres und harmonisch komplexes Concerto Grosso, in dem das Orchester drei Soloinstrumenten gegenübersteht. Wegen des virtuosen Cembaloparts halten es manche für das erste Cembalokonzert der Geschichte.
Das Klavierkonzert G-Dur KV 453 komponierte Wolfgang Amadeus Mozart für seine begabte Schülerin Barbara Ployer. Changierend zwischen unbeschwertem Charme und quälender Melancholie, war es schon zu Mozarts Lebzeiten sehr beliebt. Die Uraufführung im Landhaus der Familie Ployer war zudem ein finanzieller Erfolg. Zur Zeit der Komposition seiner letzten drei Sinfonien befand sich Mozart dagegen in ernsthaften Geldnöten, er hatte keine Aufträge und litt unter Depressionen. In der Sinfonie g-moll brechen diese sich in verzweifelten Ausbrüchen Bahn, unterbrochen nur vom träumerischen Zauber des Andante.
Corinna Raupach ist freie Journalistin.
Chamber Orchestra of Europe & Sir András Schiff
So 28. November, Graf-Zeppelin-Haus Friedrichshafen, 20 Uhr
Foto: Julia Wesely