Die unglaubliche Geschichte einer Kindheit nach Albert Camus
„Der erste Mensch“ ist die Kindheits-Geschichte des Literaturnobelpreisträgers Albert Camus. In dessen autobiografischen Roman begibt sich der Protagonist auf die Suche nach seinem Vater, der im Ersten Weltkrieg gefallen ist und den er nie kennengelernt hat. Eine Reise zurück in die Kindheit, in die Hitze Algiers, in die Armut und die Unschuld. Ein paar Fragen an Joachim Król, der diese faszinierende Geschichte in einem sensationellen schauspielerischen Parforceritt erzählt.
Herr Król, die Ankündigung Ihres Abends klingt interessant, man erwartet keine gewöhnliche Lesung.
Die Herausforderung liegt darin, mit Hilfe der wunderbaren Musiker des „Orchèstre du Soleil“ bei unserem Publikum „Kopfkino“ entstehen zu lassen. Eine Beschreibung, die wir nach den Vorstellungen häufig hören, und die wir uns zu eigen gemacht haben. Ich versuche in meinem Umgang mit dem Text und der Musik, die extra für unser Programm komponiert worden ist, jeden Abend die Grenze zwischen Vortrag und Spiel aufs Neue zu überschreiten. Schauspielerei hat sehr viel mit Musik zu tun. Sprache, Bewegung folgt immer einem Rhythmus. Schauspielerei ohne Musikalität geht nicht. Wir müssen zueinander finden, wie die Musiker in einem Orchester. Ein sehr schöner und spannender Vorgang.
Wie sind Sie auf diesen Stoff gekommen?
Ich war anfangs skeptisch, als Martin Mühleis, mit dem ich schon seit einigen Jahren zusammenarbeite, mir sein Skript zeigte. Weil ich ein bestimmtes Bild von Camus hatte: der Existenzialist, der Philosoph, der streitbare Freund von Sartre. „Der erste Mensch“ aber erzählt von der Kindheit Camus‘. Diese Geschichte führt uns vor Augen, welche Möglichkeiten sich einem Menschen durch Bildung eröffnen können. Wenn man das hört, wird man permanent überrascht von der großen Aktualität, die der Text nach wie vor besitzt.
Worin sehen Sie dessen besondere Aktualität?
Es führt kein Weg daran vorbei, immer wieder zu sagen, dass der Schlüssel für die Lösung vieler Probleme, die wir heute haben, in der Investition in Bildung liegt. Mich emotionalisieren diese Momente auf der Bühne. Ein unverzichtbares Mittel, den Herausforderungen der Völkerwanderungen zu begegnen, ist es, in Bildung zu investieren. Auf allen Ebenen. Sonst fliegt uns in 20 Jahren unsere Gesellschaft um die Ohren. Camus schreibt von seinem „ungeheuren Lebenshunger, danach trachtend, diese Welt, die ich nicht kannte, zu verstehen, kennenzulernen, mir anzueignen.“ Wer den Wert von Bildung nicht begreift, der begreift gar nichts.
Text: sagas ensemble
Joachim Król & l’Orchestre du Soleil – Der erste Mensch
Sa 26. November, Konzerthaus Ravensburg, 20 Uhr
sagas ensemble
Musik: Christoph Dangelmaier
Textbearbeitung, Produktion, Inszenierung: Martin Mühleis