Sonderausstellung im Museum Humpis-Quartier
2. Juni 2021 bis 30. Januar 2022
Diese erste Ausstellung des Museums über die Zeit des Nationalsozialismus stellt insbesondere die Geschichte und das Schicksal der Ravensburger Sinti in den Mittelpunkt. Sie thematisiert dabei nicht nur die kontinuierlich zunehmende Ausgrenzung dieser Minderheit, sondern zeigt auch auf, wie der Großteil der Bevölkerung, der zur nationalsozialistischen „Volksgemeinschaft“ zählte und nicht aktiv gegen das Regime opponierte, in relativer Normalität weiterleben und von der Verfolgung anderer profitieren konnte.
Die Stadt Ravensburg ergriff 1936 die Initiative zum Bau eines Zwangslagers für die einheimischen Sinti, noch bevor reichsweite Erlasse und Verordnungen zu deren „Festsetzung“ aufforderten. Sie wurden überwacht, durch Verbote schikaniert und mussten Zwangsarbeit leisten. Am 13. März 1943 wurden 34 Männer, Frauen und Kinder aus Ummenwinkel ins Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau deportiert, 28 wurden dort oder in anderen Lagern ermordet.
Die Ausstellung betont in ihrer Szenografie das Nebeneinander von alltäglicher Normalität unter Hakenkreuzfahnen und Parteiabzeichen auf der einen Seite und der zunehmenden Erfahrung von Stigmatisierung, Zwang und Vertreibung auf der anderen. Sie zeigt, wie Pseudowissenschaft, die systematische Erfassung von Personendaten und stereotypenbildende Fotografie eine fatale und bis heute nachwirkende Verbindung eingingen. Eine zentrale Bedeutung kommt den Erinnerungen und mündlich überlieferten Erzählungen der Ravensburger Sinti zu.
Die wissenschaftliche Grundlage der Ausstellung ist die Forschungsarbeit von Dr. Esther Sattig. Sie hat die Geschichte der Ravensburger Sinti und die archivalischen Quellen erstmals umfassend erforscht und 2016 in der Monografie „Das Zigeunerlager Ravensburg Ummenwinkel. Die Verfolgung der oberschwäbischen Sinti“ veröffentlicht.
Vorerst empfehlen wir für den Besuch eine Online-Anmeldung über Click & Meet Museum Humpis-Quartier, da sich nur wenige Personen gleichzeitig im Ausstellungsbereich aufhalten können.
Weitere Informationen zur Ausstellung sowie das Begleitprogramm, Termine zu Führungen und Veranstaltungen finden Sie auf der Homepage des Museum Humpis-Quartier.
Laura Pölloth
Museum Humpis-Quartier
Bildnachweis: Wynrich Zlomke, 2021.