Oratorienchor musiziert Louis Spohrs „Die letzten Dinge“
Louis Spohrs (1784–1859) frühromantisches Oratorium „Die letzten Dinge“ zählt zweifellos zu den wichtigsten Werken dieser Gattung überhaupt. Es beruht ausschließlich auf Texten aus der neutestamentlichen Offenbarung des Johannes, die Friedrich Rochlitz (1769–1842) zu einem stimmigen Libretto vereinte. Im Zentrum der Auswahl stehen inhaltlich die Idee einer höheren, alles erfassenden Gerechtigkeit sowie die befreiende Erlösung durch Jesus Christus, „das gewürgte Lamm“.
Schon bei ihrer Uraufführung am Karfreitag 1826 in Kassel (gerade mal ein Jahr vor Gründung des Ravensburger Liederkranzes) wurde Spohrs brillante Komposition vom Publikum mit Begeisterung aufgenommen. Das Musikfest in Düsseldorf im selben Jahr wurde eigens um einen Tag verlängert, da die Zuhörerschar eine weitere Aufführung des Oratoriums forderte. Bereits 1830 erfolgte die Uraufführung einer englischsprachigen Version.
Der Komponist – heute eher ein Geheimtipp – galt zu seinen Lebzeiten in ganz Europa als einer der wichtigsten Vertreter seiner Zunft. Er war unter anderem als Konzertmeister im Theater an der Wien tätig, wo er in engem Austausch mit Beethoven stand und verschaffte sich auf zahlreichen Reisen etwa in die Schweiz, nach Belgien, Italien oder England ein wahrhaft europäisches Publikum, ehe er sich als Hofkapellmeister in Kassel niederließ, wo er auch eine umfangreiche Lehrtätigkeit entfaltete.
In „Die letzten Dinge“ erweist sich der virtuose Violinist, Dirigent und Gesangspädagoge als Meister einer ausdrucksstarken, farbenreichen ja nahezu visionären Chromatik, die den Horizont für nachfolgende Komponisten spürbar erweiterte. Spohr zeigt in diesem seinem bedeutendsten Sakralwerk sein ganzes musikalisches Können als grandioser Arrangeur und genialer Schöpfer eingängiger und ergreifender Chorsätze, deren Charakter von beseelt-mystischer Innigkeit bis zu aufwühlender, ja fast ekstatischer Dramatik reicht.
Der Oratorienchor-Liederkranz Ravensburg 1827 e.V. präsentiert dieses wunderbare Werk zusammen mit einem erstklassigen Solistenquartett, bestehend aus Sabine Winter (Sopran), Cornelia Lanz (Alt), Maximilian Vogler (Tenor) und Manfred Plömer (Bass). Begleitet werden die Sängerinnen und Sänger von Robert Weinsheimer (Klavier), Christoph Lahme (Harmonium) und Joseph Hayd (Pauken). Die musikalische Leitung hat Peter Schmitz.
Dr. phil. Tobias Gerstung ist Mitglied im Vorstand des Oratorienchor-Liederkranz Ravensburg 1827 e.V.
Die letzten Dinge – Louis Spohr
So 12. November, Evangelische Stadtkirche Ravensburg, 17 Uhr
Oratorienchor Liederkranz e. V. unter Leitung Peter Schmitz
Vorverkauf: www.reservix.de oder bei der Touristinfo Ravensburg
Foto: Louis Spohr im Jahre 1824, also 2 Jahre vor der Uraufführung und 3 Jahre vor Gründung des Liederkranz Ravensburg. Johann August Nahl d.J.