Die Neue Philharmonie Utrecht mit Alexander Janiczek und Philipp Higham
Johannes Brahms galt als ruppig, reserviert und eigenbrötlerisch. Doch er litt schmerzlich unter der Entfremdung von seinem Freund Joseph Joachim. Er kannte den berühmten Geigenvirtuosen seit 1853, Joachim hatte die Uraufführung seines ersten Klavierkonzerts dirigiert und ihn bei der Komposition des Violinkonzerts beraten. Seit Brahms bei der Scheidung Joachims 1884 Partei für dessen Frau ergriffen hatte, grollte der Virtuose. Brahms` Versöhnungsangebot war ein musikalisches: „Mache Dich auf einen kleinen Schreck gefasst. Ich konnte nämlich derzeit den Einfällen zu einem Konzert für Violine und Violoncell nicht widerstehen, so sehr ich es mir auch immer wieder auszureden versuchte“, schrieb er an Joachim. Der Cellopart war für Robert Hausmann gedacht, der bereits eine Cellosonate von Brahms uraufgeführt hatte und mit Joseph Joachim Quartett spielte.
Auch in der Musik lebt der Wunsch nach Verständigung: Die Soloinstrumente begegnen sich, führen Gespräche und beeinflussen einander. Während im ersten Satz die melancholische Grundstimmung des Cellos und die lieblichen Melodien der Geige ein Einvernehmen suchen, singen die Instrumente im Andante in innigen Oktaven und treffen sich schließlich zum virtuosen Wettkampf. Joachim lenkte ein – das Konzert wurde 1887 mit Robert Hausmann am Cello und Joseph Joachim an der Geige in Köln uraufgeführt. In Friedrichshafen widmen sich dem Werk der Geiger Alexander Janizceck, Professor in Trossingen und Konzertmeister des Dresdner Festspielorchesters, und der Cellist Philip Higham, preisgekrönter Solocellist des Scottish Chamber Orchestra. Dazu spielt die Neue Philharmonie Utrecht unter der Leitung ihres Mitgründers und Leiters Johannes Leertouwer.
Das Doppelkonzert ist das letzte Werk, das Brahms für Orchester schrieb – die Sinfonie in c-Moll war sein erstes. 12 Jahre soll er daran gearbeitet haben. Während Mozart und Haydn noch zahlreiche Sinfonien komponierten, war der Anspruch an diese Gattung mit Beethovens neun Sinfonien gestiegen. „Eine Symphonie ist seit Haydn kein bloßer Spaß mehr, sondern eine Angelegenheit auf Leben und Tod,“ schrieb Brahms. Seine ersten Versuche wurden zu einem Klavierkonzert und einer Serenade. Erst mit 43 Jahren stellte er seine erste Sinfonie vor: ein tiefernstes Werk voll Spannung, Poesie und Komplexität. Brahms verbindet darin klassische Form mit romantischer Variation, kammermusikalisch durchsichtige Passagen mit vollem Orchesterklang und Kontrapunkt mit sanglichen Melodien.
Corinna Raupach ist freie Journalistin.
So 5. Februar, Graf-Zeppelin-Haus Friedrichshafen, 19.30 Uhr
Alexander Janiczek, Violine
Philip HIgham, Voloncello
Johannes Leertouwer, Leitung