Die Geschichte eines Underdogs, der als Dragqueen Furore macht
Die Dragqueen Hedwig kommt für ihr einziges Deutschlandkonzert nach Friedrichshafen. Zusammen mit ihrer Band The Angry Inch und ihrem Roadie (und Ehemann) Yitzhak spielt sie von Punk, Country und Glamrock inspirierte Songs und erzählt dabei aus ihrem schillernden Leben.
Aufgewachsen als Hänsel Schmidt im muffigen Ostberlin und früh der Universität verwiesen, steckt Hänsels Leben in einer Sackgasse. Per Zufall lernt er an der Berliner Mauer den amerikanischen GI Luther Robinson kennen, die beiden verlieben sich. Als Luther ihm einen Ring, eine Perücke und einen Antrag auf Einbürgerung schenkt, wird klar: Das ist die Chance seines Lebens. Doch um die große weite Welt zu sehen, muss er zu Mrs. Robinson werden. Seine Mutter und Luther überzeugen Hänsel, durch eine Operation nachzuhelfen. Diese geht zwar schief, aber zum Glück gelingt die Ausreise. Aus Hänsel wird Hedwig. Nur ein Jahr später fällt die Mauer und Hedwig sitzt – ohne Geld, von Luther verlassen und weiterhin als Migrantin zwischen den Geschlechtern – in der amerikanischen Provinz fest. Dort lernt sie den jungen Tommy kennen, dessen musikalisches Talent sie fördert. Doch Tommy lässt sie fallen, als der Erfolg einsetzt. Aber so leicht lässt sich Hedwig nicht abschütteln.
Das Musical „Hedwig and the Angry Inch“ war ein Überraschungserfolg und galt lange als Gegenstück zu den glattpolierten Hochglanzproduktionen des New Yorker Broadway. Über Nacht machte es den Schauspieler John Cameron Mitchell, der die Figur Hedwig nicht nur erfand, sondern auch viele Jahre selbst verkörperte, und den Komponisten Stephen Trask berühmt. Im Jahr 2001 verfilmte John Cameron Mitchell das Musical. Am Broadway wurde „Hedwig“ 2014 mit Starbesetzung neu aufgelegt und gewann vier Tony-Awards.
Die Idee zu „Hedwig“ entstand, als Mitchell und Trask in einem Flugzeug zufällig miteinander ins Gespräch kamen. Mitchells eigene Biografie bildete die Hauptgrundlage für Hedwigs Geschichte. Geboren 1963 als Sohn eines US-Generals, wuchs er auf verschiedenen Armeestützpunkten auf, davon einige Jahre in West-Berlin. Dort pendelte er als Teenager zwischen der Berliner Schwulenszene und den konservativen US-Army-Kreisen. Später wurde Mitchell Musicaldarsteller am New Yorker Broadway. Die Geschichte des Underdogs, der als Dragqueen Furore macht und zum funkelnden Star avanciert, wird mittlerweile weltweit gespielt und beleuchtet alle Facetten von Männlichkeiten und Weiblichkeiten, denn nicht die beiden Enden einer Skala sind wichtig, sondern der Regenbogen dazwischen.
Hannes Oppermann ist Dramaturg am Schauspiel Hannover, wo Charlie Geitlinger für „Hedwig and the Angry Inch“ hospitierte.
Hedwig and The Angry Inch – Schauspiel Hannover
Fr 3. Februar, Graf-Zeppelin-Haus Friedrichshafen, 19.30 Uhr
Einführung: 18.45 Uhr
(Drag-)Musical von John Cameron Mitchell (Buch) und Stephen Trask (Musik und Gesangstexte), Regie: Friederike Heller; Musikalische Leitung: Peter Thiessen