Ein unentdecktes Kapitel der DDR-Geschichte und die Endphase der Sowjetunion
Am 2. Februar stellt Ines Geipel (Foto) ihr aktuelles Buch „Schöner Neuer Himmel“ vor. Ines Geipel Buch liefert einen wichtigen Beitrag zur Frage, wie Technik während des Kalten Kriegs als Macht- und Marketinginstrument missbraucht wurde. Ausgehend von den ambitionierten und anmaßenden Versuchen der Sowjetunion, den Kommunismus auch im Weltraum real werden zu lassen, erzählt Geipel mit Hilfe der Verschlussakten der DDR-Militärforschung ein bisher unentdecktes Kapitel der DDR-Geschichte: Die „Entwicklung“ eines menschlichen Hochleistungsfliegers. Was surreal klingt, findet sich nicht nur in den Akten des ostdeutschen Militärs belegt, sondern ist auch denjenigen eingeschrieben, deren Körper zum Material dieses Staatstraums gemacht wurden. Die ehemalige Weltklasse-Sprinterin Ines Geipel, die 1989 aus der DDR floh und heute Schriftstellerin und Professorin für Verssprache an der Berliner Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“ ist, ist selbst ein Opfer der Menschenversuche in der DDR. Für die Aufarbeitung des Staatsdopings in der DDR wurde sie 2011 mit dem Bundesverdienstkreuz geehrt.
Katerina Poladjans Roman „Zukunftsmusik“, spielt an einem einzigen Tag, dem 11. März 1985. Der Tag, an dem der spätere Friedensnobelpreisträger Michail Gorbatschow zum Vorsitzenden der KPdSU gewählt wurde, der Tag, an dem der Zusammenbruch der Sowjetunion seinen Anfang nahm. Die Figuren in Poladjans Roman ahnen davon freilich noch nichts. In der sibirischen Weite, tausende Werst östlich von Moskau, leben sie – Großmutter, Mutter, Tochter und Enkelin – in einer Kommunalka auf engstem Raum unter dem bröckelnden Putz einer vergangenen Zeit in einem kleinen Zimmer. Dass sich etwas ändern könnte, glaubt keine von ihnen. Und doch haben sie noch Hoffnungen und Träume und wer die Zeichen zu deuten wagt, kann im Radio ganz leise die Zukunft hören. Poladjan ist mit „Zukunftsmusik“ ein großer Roman über vier Leben am Wendepunkt gelungen, über eine untergegangene Welt, die bis heute nachwirkt, über die Absurdität des Daseins und die Notwendigkeit von Hoffnung. Die in Moskau geborene Autorin lebt seit ihrem achten Lebensjahr in Deutschland. „Zukunftsmusik“ stand auf der Shortlist für den Preis der Leipziger Buchmesse.
Florian Kind ist Veranstaltungsleiter im Kulturbüro Friedrichshafen.
Open House! LIT-WALK mit Ines Geipel
Do 2. Februar, Zeppelin Museum Friedrichshafen, 18.30 Uhr: Kurzführung durch die Ausstellung „Fetisch Zukunft“ / Kiesel im k42 Friedrichshafen, 19.30 Uhr: Lesung
Lesung & Gespräch: Katerina Poladjan
Mo 27. Februar, Kiesel im k42 Friedrichshafen, 19.30 Uhr