Das Royal Philharmonic Orchestra spielt Werke von Vaugham Williams, Grieg und Prokofjew
Wer nicht im Sinne des „sozialistischen Realismus“ komponierte, lief in der Sowjetunion Gefahr, verfemt oder verfolgt zu werden. Doch während des zweiten Weltkriegs ermöglichte das Regime seinen Künstlern ein fast normales Leben im Dorf Ivanovo. 400 Kilometer entfernt von Moskau und relativ sicher, stellte ihnen der sowjetische Komponistenverband dort ein „Haus des Schaffens“ zur Verfügung. Dort komponierte Sergej Prokofjew 1944 seine bis heute populäre fünfte Sinfonie. „Mit dieser Sinfonie wollte ich ein Lied auf den freien und glücklichen Menschen anstimmen, seine schöpferischen Kräfte, seinen Adel, seine innere Reinheit“, schrieb Prokofjew. Sie ist üppig instrumentiert, quillt über vor Melodien und Temperament und endet nach humorvollen, nachdenklichen und raffinierten Momenten in überschwänglichem Jubel. Sie wird in Friedrichshafen vom Londoner Royal Philharmonic Orchestra unter der Leitung seines Musikdirektors Vasily Petrenko aufgeführt.
Es präsentiert zudem das Klavierkonzert von Edvard Grieg, entstanden während eines Sommeraufenthalts des 25-jährigen und frisch verheirateten Komponisten auf dem Land. Die Griegs bekamen oft Besuch vom norwegischen Pianisten Edmund Neupert. Er steuerte wertvolle Tipps bei und übernahm die Uraufführung des Werks 1898 in Kopenhagen. Das Konzert erzählt von hellen Sommernächten, der Weite skandinavischer Landschaften und von der Liebe zur norwegischen Volksmusik. Die Tonart a-Moll ist nicht zufällig. Als Student in Leipzig hatte Grieg Clara Schumann mit dem Klavierkonzert ihres Mannes in dieser Tonart gehört und war hingerissen. In Franz Liszt fand das Konzert bald einen begeisterten Anhänger. Grieg selbst führte es nur einmal auf – „es regt mich zu sehr auf. Und es gehört auch eine Kraft ersten Ranges dazu, um das Werk zur Geltung zu bringen“, erklärte er. Der kanadische Pianist Jan Lisiecki setzt bei seiner Interpretation bei aller Virtuosität auf Transparenz. Der 27-Jährige begann mit fünf Jahren das Klavierstudium am Konservatorium in Calgary, unter seinen zahlreichen Preisen sind der Echo Klassik und der Diapason d´or.
Das Orchester eröffnet das Konzert mit der Ouvertüre zu „The Wasps“ von Ralph Vaughan Williams. Obwohl der Anfang mit flirrenden Trillern surrt und summt wie ein Wespenschwarm, geht es nicht um Insekten. Der britische Komponist schrieb die Bühnenmusik zu einer Inszenierung von Aristophanes´ Komödie „Die Wespen“ in Cambridge. Der Dichter karikiert darin die Rechtsprechung im antiken Athen.
Corinna Raupach ist freie Journalistin.
Royal Philharmonic Orchestra & Jan Lisiecki, Klavier
Mi 25. Januar, Graf-Zeppelin-Haus Friedrichshafen, 19.30 Uhr
Leitung: Vasily Petrenko