Kabarettist und Schauspieler Fatih Çevikkollu liest aus „Kartonwand“
Fatih Çevikkollu ist Schauspieler, Kabarettist und Komiker. In seinen Bühnenprogrammen hat er immer wieder den Umgang der Mehrheitsgesellschaft mit den Arbeitsmigranten aus der Türkei aufs Korn genommen. Jetzt hat Çevikkollu ein Buch über seine Mutter geschrieben. Sie starb 2017. Am Ende ihres Lebens war sie psychisch krank. Çevikkollu fragte sich, ob die Leiden seiner Mutter auch mit ihren Erfahrungen als Gastarbeiterin zusammenhängen. „Kartonwand“ hat er seinen Text genannt, nach den Kisten, die die Familie für einen möglichen Umzug in die Türkei in ihrer Kölner Wohnung stapelte.
Willkommen war man als „Gastarbeiter“ seit Mitte der 1950er-Jahre in Deutschland nicht wirklich, doch was hält man nicht alles aus, wenn es nur von kurzer Dauer ist? Es lohnte sich weder, die deutsche Sprache zu lernen, noch sich ein Zuhause zu schaffen, schließlich sollte es bald zurückgehen. Die Kinder wurden als Kofferkinder hin- und hergeschickt. Was macht es mit Menschen, wenn sie irgendwann merken: Der Traum zurückzukehren hat sich nicht erfüllt?
Fatih Çevikkollu beschreibt sein Leben und das seiner türkischen Familie, die Träume und Enttäuschungen seiner Eltern, und er spricht mit Expertinnen und Experten über die Folgen der Arbeitsmigration, die bis heute in den Familien Wunden hinterlassen hat. Ein Thema, das bisher nur in Fachkreisen behandelt wurde und dringend in den Mittelpunkt der Debatten gehört. „Kartonwand“ sensibilisiert für den Umgang mit generationsübergreifenden Wunden und zeigt: Ein geplatzter Traum von der Rückkehr in die Heimat kann manchmal auch ein Neubeginn in der Fremde sein.
Johannes M. Gerlitz ist Veranstaltungsleiter im Kulturbüro Friedrichshafen.
Fatih Çevikkollu: „Kartonwand.
Sa 11. Januar, Kiesel im k42, 19.30 Uhr
Moderation: Fatih Özçelik
Die Veranstaltung findet in Kooperation mit Bildungshafen e.V. statt.