16. Philosophisch-literarische Salonnacht „im blauen Sessel“
Von seinen Funktionen her lässt sich Geld scheinbar leicht bestimmen: Geld kann als Wertmaßstab, als Zahlungsmittel und Wertaufbewahrungsmittel verstanden werden. Aber gibt es auch einen Maßstab für das Geld? Oft wird das Bedürfnis des Menschen dafür angesehen, da das subjektive Begehren den Dingen des Lebens überhaupt erst ihren Wert verleihen soll. Ein Haus ist dann beispielsweise so viel wert, wie jemand dafür zu bezahlen bereit ist. Ohne Begehren gäbe es nichts Wertvolles. Ohne die menschliche Bedürftigkeit käme es auch nicht zum Tausch von Gütern. Im wechselseitigen Benötigen, Vergleichen, Aushandeln und Tauschen erhalten die Dinge ihren (gesellschaftlichen) Preis. Vergleichbar dem afrikanischen Sprichwort, „um einen Menschen zu erziehen, braucht es ein ganzes Dorf“, setzt Geld eine arbeitsteilig organisierte Gesellschaft voraus.
In traditionalen Gemeinschaften war das Geld als Zahlungsmittel der Orientierung am sittlich guten Leben und dem Seelenheil untergeordnet. Das hat sich in der modernen Gesellschaft gewandelt und unglaubliche Konsummöglichkeiten freigesetzt. Mehr Geld bedeutet hier mehr Macht, Freiheit, mehr individuelle Möglichkeiten, eine bessere medizinische Versorgung usw.; wenig Geld, gar Armut kann Ohnmacht, Abhängigkeit, Selbstwertverlust und Leben am Existenzminimum heißen, dazu bei Betroffenen „Scham“ erzeugen. Umso mehr achten wir Menschen im persönlichen Bereich in der Regel auch auf das Geld – ohne sofort zum homo oeconomicus zu werden. Aber was im Einzelnen rational sein mag, nimmt gesamtgesellschaftlich verhängnisvolle Formen an. Geld als Mittel des Lebens mutiert zum absoluten Wert und letzten Zweck des Lebens, indem alle gesellschaftlichen Bereiche zunehmend Effizienzgesichtspunkten unterworfen werden. Dies kann zu einer Überbewertung von materiellen Gütern führen, die Eigenqualitäten der Dinge und andere Aspekte des Lebens, wie Schonung der Natur, Mitmenschlichkeit und ganzheitliches Gelingen des Lebens vernachlässigen.
Haben wir uns schon mit der Erfindung des Geldes und seiner Begründung im menschlichen Begehren auf den Weg zum Anthropozän gemacht? Gibt es Lebensqualitäten, die sich der monetären Bewertung entziehen und sich gerade auf künstlerische Weise zeigen? Die Bedeutung des Geldes aus unterschiedlichen Perspektiven zu beleuchten, unternimmt das Team des Blauen Sessels zusammen mit Markus Ostermair, Thomas Grasberger, Ole Nymoen, Sahar Rahimi, Doreen Kutzke, Florian Wobser, Julia Friedrichs, Eske Bockelmann, Patrick Tschan, Steffen Nowak, Duc Ngo Ngoc. Wir danken für großzügige Förderung dem Staatsministerium für Kultur und Medien und dem Deutschen Literaturfonds. Neu Start Kultur: Tausende literarische (Wieder-)Begegnungen mit Autorinnen und Autoren.
Ralf Elm ist Mitglied der Bürgerinitiative „Im blauen Sessel“.
Im blauen Sessel
Fr, 21. April, Eröffnung 18.30 Uhr, Innenhof Museum Humpis-Quartier
Lesungen in den Salons der Ravensburger Marktstraße: 20 und 21.15 Uhr
VVK-Stellen & das komplette Programm: www.imblauensessel.de
Foto: Andreas Hornoff