Duoabend zwischen Virtuosenstücken und Schwergewichten
Wenn ein Geiger sein Programm mit Tartinis „Teufelstrillern“ beginnt, ist das eine Ansage. Etwas Verruchtes haftet ihnen bis heute an: zu virtuos, um erlaubt zu sein, schön genug, um dem Teufel dafür die eigene Seele zu verschreiben und so bekannt, dass sie nur Waghalsige vor Publikum aufführen. Tartini selbst begründete als 20-Jähriger die Tradition der Teufelsgeiger: Nachdem er ihm seine Seele überlassen habe, habe der Teufel selbst ihm wunderbare Melodien vorgespielt, seine Sonate sei davon nur eine schwache Kopie, schrieb er.
In Friedrichshafen unternimmt Ray Chen diesen Teufelsritt. Geboren in Vietnam und aufgewachsen in Australien, spielt er seit dem vierten Lebensjahr Geige, gab mit acht Jahren sein erstes Konzert mit Orchester und studierte als Teenager am Curtis Institute in Philadelphia. 2009 gewann er den „Königin Elisabeth Wettbewerb“ in Brüssel und ist seitdem mit Orchestern wie dem London Philharmonic Orchestra, dem Los Angeles Philharmonic Orchestra und den Münchner Philharmonikern zu hören. Er begeistert sein Publikum durch warmen Klang, makellose Technik und charismatische Bühnenpräsenz. Zudem ist er in den sozialen Medien aktiv, startete eine App zur Motivation junger Musiker und trat mit dem Comedy-Duo Two-Set-Violin auf. Am Klavier begleitet ihn der französische Pianist Julien Quentin, der vor allem für intelligente und tiefgründige Interpretationen in so klarer wie vielfarbiger Klangsprache bekannt ist. Er studierte in Genf, Indiana und an der Juillard School. Als Solist und Kammermusiker ist er weltweit erfolgreich und erkundet gern neue Musikgenres und andere Kunstformen.
Auf dem Programm steht weiter Beethovens siebte Violinsonate „Eroica“. Sie entstand in der Zeit, in der ihn seine zunehmende Ertaubung und die damit verbundene gesellschaftliche Isolation quälten. Dramatische Wucht begegnet lyrischem Gesang und mündet in eine Coda zwischen Wut und Optimismus. Auch Bachs Sonaten und Partiten für Violine Solo entstammen einer Lebenskrise: Bach trauerte um seine verstorbene Frau Maria Barbara. In der berühmten Chaconne der zweiten Partita hatte er noch Kirchenlieder zu einer ergreifenden Klage verarbeitet, jetzt beginnt er in strahlendem E-Dur und steigert sich von einem kunstvollen Präludium durch elegante Tänze bis zur ausgelassenen Gigue. Schließlich lässt das Duo mit Antonio Bazzinis „La ronde des lutins“ und Ravels „Tzigane“ zwei rasante Virtuosenstücke folgen und legt dazwischen Dvořáks zweiten slawischen Tanz als melancholisches Intermezzo.
Corinna Raupach ist freie Journalistin.
Sa 9. März, Graf-Zeppelin-Haus Friedrichshafen, 19.30 Uhr