Thomas Thieme kommt mit Brechts „Das Leben des Galilei“ in den Kiesel
Thomas Thieme ist ein Ereignis – auf der Bühne ebenso wie in seinen unzähligen Film- und Fernsehrollen. Er wurde kurz nach dem zweiten Weltkrieg in Weimar geboren und absolvierte nach der Schule eine Ausbildung zum Schauspieler an der Staatlichen Schauspielschule in Ost-Berlin – wo er ganz streng im Brecht’schen Sinn ausgebildet wurde. 1981 stellte Thieme dann einen Ausreisantrag, der nach drei Jahren der Schikane 1984 von der DDR bewilligt wurde. Sein erstes Engagement führte ihn an das Schauspiel Frankfurt, es folgten das Burgtheater Wien, die Schaubühne am Lehniner Platz und 1999 der Wechsel ans Deutsche Schauspielhaus nach Hamburg. Dort wurde er im Jahr 2000 für seinen rasenden Richard III. in dem 12-stündigen Theatermarathon „Schlachten“ als „Schauspieler des Jahres“, einer der wichtigsten Auszeichnungen im Theaterbetrieb, ausgezeichnet.
Insbesondere seit der Jahrtausendwende ist Thomas Thieme immer häufiger auf der Kinoleinwand zu sehen. In Florian Henckel von Donnersmarcks oscarprämiertem Film „Das Leben der Anderen“ spielte er den DDR-Kulturminister Bruno Hempf. Auch in anderen Filmen verkörpert Thieme immer wieder Politiker und zwielichtige Machtfiguren. Es seien „die gewieften Honoratioren, die lauernden Paten, die kleinbürgerlichen Großkotze, die gutsituierten Gauner, die kalten feisten Militärs“, wie es Hans-Dieter Schütt einmal formulierte, die Thieme mit seiner kantigen und hingebungsvollen Art perfekt verkörpere. Auch für seine Arbeit vor der Kamera wurde Thieme mehrfach ausgezeichnet, so u. a. 2013 mit dem Hessischen Fernsehpreis und 2014 mit der Goldenen Kamera.
Im Dezember 2022 kommt Thomas Thieme nun auf Einladung des Kulturbüros nach Friedrichshafen und widmet sich dort dem Autor, der ihn seit seiner Schulzeit fasziniert: Bertolt Brecht. Genauer gesagt, Brechts Stück „Das Leben des Galilei“. Das Drama verknüpft wissenschaftliche Neugier mit avantgardistischer Theaterkunst und thematisiert die noch immer höchst aktuelle Fragestellung: Wie kann die Wissenschaft ihre Freiheit behaupten? In einer von Julia von Sell intelligent gekürzten Fassung spielt Thieme alle (!) Rollen selbst. Wobei „spielen“ gar nicht der richtige Begriff ist. Thomas Thieme schlüpft vielmehr in alle Figuren und setzt sie sprachlich in Szene. Wie Brecht selbst ist auch Thiemes Inszenierung zeitlos, kraftvoll und wandlungsfähig. Musikalisch begleitet wird Thieme von seinem Sohn Arthur, der mit Kontrabass, Mundharmonika und Loop-Maschine die Inszenierung mit großartigen Soundflächen bereichert.
Florian Kind ist Veranstaltungsleiter im Kulturbüro Friedrichshafen.
Thomas Thieme spielt „Das Leben des Galilei“
Di 13. und Mi 14. Dezember, Kiesel im k42, jeweils 18.30 Uhr
In Kooperation mit dem Augsburger Brechtfestival