In „Ökozid“ steht Deutschland vor Gericht
Als das Landestheater Tübingen (LTT) Mitte Juli 2022 die Proben zu „Ökozid“ begann, zeigte das Thermometer 36 Grad. Es war der bis dahin heißeste Tag des Jahres und der Rekordsommer sollte erst noch folgen. Freut sich ein Dramaturg üblicherweise darüber, einen Stoff gefunden zu haben, der so gegenwärtig ist, dass man ihn als „Stück der Stunde“ bezeichnen kann, hatte es in diesem Fall aber auch einen bitteren Beigeschmack. Sechs Monate später gastiert das LTT nun in Friedrichshafen, und obwohl die ersten Minusgrade des Jahres die Erderwärmung etwas verschleiern, bleibt das Thema allgegenwärtig: sei es durch die erneut ausbleibende Einigung auf der Weltklimakonferenz in Ägypten im November 2022, durch aufmerksamkeitswirksame Aktionen der Klimaaktivistinnen der „Letzten Generation“ oder durch eine Winterweltmeisterschaft in klimatisierten Fußballarenen in der Wüste.
Basierend auf wissenschaftlichen Arbeiten und dokumentarischem Material haben Andres Veiel und Jutta Doberstein ein faszinierendes wie erschreckendes Gedankenspiel entwickelt, einen „Modell31versuch“. In „Ökozid“ wird die deutsche Regierung im Jahr 2034 von Vertretern diverser Umweltorganisationen und Schwellenländer wegen ihres zögerlichen ökologischen Handelns in den vergangenen Jahrzehnten auf Schadensersatz verklagt. Die entscheidende Frage für die Richterin lautet: Trägt Deutschland eine aktive Schuld am Tatbestand Ökozid, an der bewusst in Kauf genommenen Zerstörung und Ausbeutung der Natur?
In der Aufführung im Graf-Zeppelin-Haus kommen auch Vertreterinnen des Häfler Jugendparlaments zu Wort.
Text: Florian Kind und Landestheater Tübingen
Ökozid – Landestheater Tübingen
Di 31. Januar, Graf-Zeppelin-Haus Friedrichshafen, 19.30 Uhr
Einführung um 19 Uhr
Regie: Gregor Tureĉek