Hoffnung, Schmerz und Liebe in Franz Schuberts berühmtem Liederzyklus
Hoffnung und Schmerz, Zärtlichkeit und Resignation, Liebe und Tod – hinter dem harmlosen Titel „Die schöne Müllerin“ verbirgt sich ein existentielles Drama. 20 Lieder besingen die unglückliche Zuneigung eines Müllergesellen zur Tochter seines Chefs. Während der Dichter Wilhelm Müller seine Sammlung mit einer ironischen Randerzählung versah, fasst der Komponist Franz Schubert die seelischen Höhenflüge und Abgründe des jungen Mannes in ergreifende Melodien. Schon im Jubel der vorwärtsdrängenden Frühlingsgefühle lauert der
Zweifel. Nach dem Erfolg des Rivalen bietet selbst die Natur, der Zufluchtsort der Romantik, keinen Trost: Tränen können trockene Blumen nicht wiederbeleben, der anfangs munter bewegte Bach singt am Ende nur ein trauriges Wiegenlied.
Nicht nur wegen der hinreißenden Musik gehört Schuberts „Die schöne Müllerin“ zu den berühmtesten Werken im Kunstliedgenre. Sie ist der erste erzählende Liederzyklus der Romantik und wurde zum Vorbild für Schumann, Brahms und Wolf. Schubert entwickelt darin die Beziehung von Stimme und Klavier weiter, formuliert lautmalerische Kommentare im Klavier und spiegelt die desolate Verfassung des Gesellen in der Auflösung musikalischer Formen. Er komponierte sie im Jahr 1823, das für ihn von Krankheit, finanzieller Unsicherheit und Misserfolgen im Opernmetier gekennzeichnet war.
In Friedrichshafen widmet sich Bariton Konstantin Krimmel dem Werk. Wie bei Schubert begann seine Karriere als Chorknabe – Schubert war Sängerknabe der Wiener Hofmusikkapelle, Krimmel fand bei den St. Georgs Chorknaben in Ulm zum Gesang. Er studierte an der Musikhochschule Stuttgart und ist als Opern- und Oratoriensänger erfolgreich. Vor allem als Interpret klassischer Lieder beeindruckt der 30-Jährige nicht nur sein Publikum mit differenziertem Ausdruck und technischer Brillanz. Er gewann auch den Deutschen Musikwettbewerb 2019 und den Internationalen Helmut Deutsch Liedwettbewerb und ist Preisträger des Internationalen Gesangswettbewerbs „Das Lied“ in Heidelberg. Krimmel wird begleitet von Markus Schirmer, der als Geschichtenerzähler auf dem Klavier Zuhörer in Sälen wie dem Wiener Musikverein, der Londoner Wigmore Hall und der Suntory Hall in Tokio in seinen Bann zieht. Neben der Begeisterung für Kammermusik und Klavierkonzerte kreiert er ungewöhnliche Programme mit Sängern und Schauspielern, vereint mit dem Improvisationsprojekt „Scurdia“ Musiker aus allen Teilen der Welt auf einer Bühne und unterrichtet als Professor an der Musikuniversität Graz.
Corinna Raupach ist freie Journalistin.
Liederabend „Die schöne Müllerin“
Sa 20. Mai, 19.30 Uhr
Graf-Zeppelin-Haus Friedrichshafen
Konstantin Krimmel: Bariton
Markus Schirmer: Klavier
Foto: Maren Ulrich