Sonderausstellung im Museum Humpis-Quartier
Eiszeit in Ravensburg? Die Sonderausstellung zur Kulturgeschichte des Klimas spannt den Bogen von einer im 14. Jahrhundert einsetzenden langanhaltenden Klimaverschlechterung hin zum sogenannten Anthropozän, dem Zeitalter ab dem nachweislichen Beginn der menschen-gemachten Erderwärmung. Im Fokus der Ausstellung stehen die sozialen, kulturellen und ökonomischen Folgen von Klimaschwankungen und Wetterereignissen in Ravensburg und Umgebung.
Im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit prägten ein mythisches Weltbild, Glaube und Aberglaube die Vorstellungen von Klima- und Wetterphänomenen: Sei es die Verehrung von Wetterheiligen oder der Weißenauer Heilig-Blut-Reliquie, die Suche nach Sündenböcken für Wetterkatastrophen, deren Hinnahme als göttliches Strafgericht oder die Orientierung an Wetterregeln und Himmelszeichen. Mit der Wiederentdeckung der antiken Astronomie, der Herausbildung der modernen Wissenschaften und der exakten Vermessung der Welt schwand die kirchliche Deutungsmacht. Blitzableiter, meteorologische Messgeräte und Landkarten demonstrieren, wie sich Aufklärung und Forschung allmählich in der Gesellschaft verankerten. Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts veränderten sich die Stadt und ihre Umwelt in wenigen Jahrzehnten grundlegend. Exponate aus Ravensburg veranschaulichen die Ursachen des beschleunigten Klimawandels im Zuge der Industrialisierung: Stadtansichten dokumentieren die Gründung von Fabriken und die Eröffnung der Eisenbahnstrecke. Rauchende Schornsteine stehen beispielhaft für den Ausstoß der klimaschädlichen Emissionen.
Die Ausstellung präsentiert zahlreiche Objekte aus der eigenen Sammlung, ergänzt durch Leihgaben aus dem Ravensburger Stadtarchiv, dem Museum für Kommunikation Bern, dem Württembergischen Landesmuseum und dem Stadtmuseum Wangen im Allgäu: Ob Astrolabium, wasserspeiender Drache, spätgotische Heilige oder Winterkleid im Empire-Stil – alle erzählen vom Einfluss des Klimas und über den Umgang mit Wetterphänomenen in Kultur und Gesellschaft. Hochbeete im Innenhof und eine Wetterstation auf dem Dach des Museums lenken den Blick in die Gegenwart.
Um Fragen der Gegenwart und der Zukunft geht es in der interaktiven Mitmach-Ausstellung „Umwelt, Klima & DU“. Die Ausstellung wurde vom Jungen Museum Frankfurt entwickelt. Als Leihgabe ist sie nun erstmals außerhalb Frankfurts zu sehen und Teil der kulturgeschichtlichen Ausstellung.
Peter Fritsch ist Kurator der Ausstellung im Museum Humpis-Quartier.
Von der Kleinen Eiszeit ins Anthropozän. Klimawandel in Ravensburg 1350–2050.
- April bis 2. Oktober, Museum Humpis-Quartier
Geöffnet: Di bis So, 11–18 Uhr
Eröffnung: 7. April, 19 Uhr (Anmeldung: mhq@ravensburg.de)
Führungen: www.museum-humpis-quartier.de/termine