Neujahrskonzert im Konzerthaus Ravensburg
Von Katharina von Glasenapp
Dem „Zauber des Barocks“ geben sich Dirigent Georg Mais, die Oboistin Johanna Stier und das Südwestdeutsche Kammerorchester Pforzheim in ihrem Neujahrskonzert am 14. Januar hin: Ein bisschen weihnachtlicher Glanz weht noch aus den festlichen Punktierungen und der flinken Bewegung der Ouvertüre zu Händels „Messias“ herüber, gehört doch das Oratorium zu den beliebtesten Werken dieser Zeit. Vielen Werken der Barockzeit verleiht die Oboe einen besonderen Glanz, denn das Instrument mit dem leicht näselnden Klang erhebt sich mühelos über die Orchesterstreicher. Zu den bekanntesten Werken gehört das d-Moll-Konzert des Venezianers Alessandro Marcello, es ist eines der ersten, wichtigsten und zugleich anspruchsvollsten Werke. Der Oboist Albrecht Mayer hebt die „überirdisch schöne“, in einem weiten Bogen gespannte Melodie des langsamen Satzes hervor, im Schlusssatz gibt es herrliche tänzerische Dialoge von Soloinstrument und Streichern. Heute sind Alessandro und sein jüngerer Bruder Benedetto Marcello als Komponisten bekannt, zu ihrer Zeit aber waren sie vielseitig gebildete und tätige Juristen und Staatsmänner. Johann Sebastian Bach ließ sich übrigens die Noten dieses Konzerts kommen und bearbeitete es als Cembalokonzert.
Wärmer und tiefer klingt die Oboe d’amore mit ihrem kugelförmigen Schallbecher, dem sogenannten „Liebesfuß“. Johann Sebastian Bach hat dieses Instrument sehr geschätzt. Auch das Konzert BWV 1053 gehört zu den Cembalokonzerten, die Bach für sein Collegium musicum und für seine Söhne geschrieben hat. Die Fassung für Oboe d’amore ist wahrscheinlich das Original, außerdem kehren die drei Sätze in Kantaten des Leipziger Thomaskantors wieder: Immer wieder haben Bach und auch Händel ihre Kompositionen bearbeitet und in andere Werke einfließen lassen, diese „Mehrfachverwertung“ war gängige Praxis und führt zu manchem Wiedererkennungseffekt. 1884, 200 Jahre nach dessen Geburtstag, ehrte Edvard Grieg den norwegischen Dichter des Spätbarocks, Ludvig Holberg, mit einer „Suite im alten Stil“. Holberg ist also ein Jahr vor Bach und Händel geboren, so spielt auch diese Suite, in der gleichzeitig auch etwas Nordisches mitschwingt, mit den beliebten Tanzformen des Barocks. Das Repertoire für Streichorchester wird jedenfalls höchst charmant bereichert.
Katharina von Glasenapp ist Musikwissenschaftlerin und Kulturjournalistin.
Südwestdeutsches Kammerorchester Pforzheim & Johanna Stier, Oboe
Sa 14. Januar 2023, Konzerthaus Ravensburg, 19 Uhr
Dirigent: Georg Mais
Veranstalter Südwestdeutsche Mozartgesellschaft e. V.
G. F. Händel Ouvertüre zum Oratorium „Der Messias“
A. Marcello Oboenkonzert d-Moll
J. S. Bach Konzert für Oboe d`amore, Streicher und b. c. A-Dur BWV 1053
E. Grieg „Aus Holbergs Zeit“ Suite im alten Stil op. 40